Überführung von Glückstadt nach Fahrdorf

04.06.2021, Glückstadt - NOK (Ankern in der "Borgstedter Enge")

Die Vorfreude auf den Start der Überführung am Freitag ist noch etwas verhalten, da unwetterartige Gewitter angesagt sind. Allerdings sollen diese eher im Süden des Landes ihr Unwesen treiben - wir hoffen, dass es auch so kommt!

Wir holen heute unseren Jüngsten von der Schule ab und fahren nach Glückstadt. Wir sind wieder einmal hochmotoviert! Wir wollen heute viel schaffen und möglichst weit im Nord-Ostsee-Kanal (NOK) kommen. Es dauert ziemlich genau 32 Minuten von dem Zeitpunkt, wo unser Jüngster vor seiner Schule in Elmshorn zu uns ins Auto steigt und wir den Motor unserer Hanna im Glückstädter im Außenhafen starten und ablegen. Wir können es selber kaum glauben, denn die Strecke mit dem Auto sind 25 km. Aber es war tatsächlich so!

Mit dem ablaufenden Wasser kommen wir sehr gut auf der Elbe voran. Es ist sonnig und warm - die Elbe spiegelglatt. Wir fahren teilweise über 9 Knoten über Grund. Wenn Alles so gut zu laufen scheint, gehöre ich zu Denjenigen, die sich fragen, wann die nächste Überraschung kommt. Das hätte ich aber lieber bleiben lassen, denn sie ließ nicht lange auf sich warten!

Außer den Elbfähren sind keine größeren Schiffe, geschweige denn Containerschiffe unterwegs. Unweit von Brunsbüttel kommt uns dann aber ein Feeder (kleine Containerschiffe zum Weitertransport sowie Verteilung der Container in die kleineren Häfen) entgegen. Das Schiff erzeugt eine beachtliche Heckwelle, die wir genau im rechten Winkel ansteuern. Ich sage noch: "Ganz schön große die Wellen!". Nicole antwortet: "Eigentlich müssten wir vorne zu machen!" Dabei bleib es leider, denn Zeit, um unter Deck und nach vorne zum geöffneten Vorluk zu hechten, hatten wir leider nicht mehr. Es kam, wie es kommen musste: Der Bug unserer Hanna taucht derart tief in das Wellental der zweiten Welle, das unfassbare Wassermassen den Bug überspülen und beim Wiederauftauchen nach hinten geschaufelt werden. Das ist eigentlich gar kein Problem, solange das Vorluk geschlossen ist! Leider war es das nicht, denn wir hatten es zum Durchlüften während der Fahrt geöffnet. Was Nicole dann unter Deck im Vorschiff zu sehen bekam, war ein Alptraum: Auf der Tagesdecke über unserem Bettzeug stand eine große Wasserlache, und selbst in der Bilge hat sich Elbwasser angesammelt! Unser Bettzeug mit den Kopfkissen und auch die Matratzen waren nass! Was für eine riesen Sch...!! Wie dämlich können wir eigentlich sein?? Als ob wir das erste Mal auf der Elbe unterwegs sind und nicht wüssten, dass wir trotz Flaute mit zum Teil beachtlichen Wellen durch die Berufsschifffahrt zu rechnen hätten! Viel Zeit zum Lamentieren bleibt uns nicht, denn wir sind bereits kurz vor dem Wartebereich der Brunsbütteler Schleuse angekommen. Wir holen das ganze durchnässte Bettzeug nach oben und verteilen es an Deck. Ich will gar nicht wissen, was wir mit dem im Fahrtwind flatternden Bettzeug und Decken nach außen für ein Bild abgeben! Das sind im Übrigen auch "ideale Bedingungen" zum Schleusen!

Wir müssen nicht lange warten und können nach ca. 20 Minuten in die Schleuse fahren. Zum Festmachen in der Schleusenkammer räumen wir noch schnell das Cockpit leer. Mit uns laufen noch 6 weitere Schiffe in die Kammer. Das ganze läuft dann aber relativ entspannt ab. Auf dem Kanal haben wir glücklicherweise gute Bedingungen: Sonne, Wärme und Fahrtwind. Genau die richtige Kombination, um unsere Decken und Kopfkissen einschließlich Matratzen bis heute Abend möglichst trocken zu bekommen.

Nachdem wir unseren Ärger über unsere eigene Blödheit weitesgehend abgelegt haben, können wir die Passage auf dem NOK wirklich genießen. Als Ziel für heute hatten wir den Gieselaukanal auserkoren. Nicole fährt jedoch ganz lässig daran vorbei. Sie fühlt sich offensichtlich zu Höherem berufen! Auf meine verdutze Nachfrage, kam nur lapidar, dass wir bis 22 Uhr unterwegs sein dürfen. Ich verabschiede mich in diesem Moment von meiner Traumvorstellung, den Abend ruhig und entspannt mit einem kühlen Pils in der Hand und in der Plicht sitzend, zu genießen. Nicole hatte in Gedanken schon Alles durchgespielt: Wir würden gegen 21:30 Uhr in der "Borgstedter Enge" (hinter Rendsburg) einlaufen und vor Anker gehen - genau so kam es auch!

Wir erleben unterwegs auf dem Kanal eine wirklich traumhafte Abendstimmung. Was dieses Jahr extrem auffällt, sind die zahlreichen Wohnmobile und Camper, die geradezu die beiden Ufer des Kanals säumen. Viele stehen frei, ohne dass es ein ausgewiesener Stellplatz wäre. Das Verlangen der Menschen nach Erholung ist nach der langen Zeitz der Entbehrungen verständlicherweise groß - so ist es bei uns auch.

Kurz nach Sonnenuntergang laufen wir die nördlich von Rendsburg gelegene "Borgstedter Enge" an und suchen uns hinter der Magnetfeldversuchsanlage der Deutschen Marine einen geschützten Ankerplatz. Wir sind heute weit gekommen. Nach einem kleinen Absacker gehen wir in die Koje. Unser Bettzeug ist tatsächlich nahezu trocken geworden.

05.06.2021; NOK (Ankern in der "Borgstedter Enge") - Maasholm (Schlei)

Am heutigen Morgen stehen wir früh auf und lichten nach unserem Morgen-Kaffee den Anker, um unsere Fahrt zur Schlei fortzusetzen. Nach 2 Stunden und 40 Minuten erreichen wir die Schleuse in Kiel Holtenau. Wir machen kurz am Wartesteg fest. Bezahlen müssen wir für die Passage des NOK nichts. Nach 20 Minuten erscheint am Signalmast der Schleuse "unterbrochen Weiß" und wir dürfen schon in die Schleusenkammer einlaufen. Wir sind mit einem weiteren Segelboot die Einzigen.

Auf der Kieler Förde ist viel los. Wir motoren bis zur Ostsee und hissen die Segel mit Kurs auf Schleimünde. Es ist traumhaftes Segelwetter: Mäßiger Wind aus Ost, bei wirklich angenehmen Temperaturen. Wir sind anfangs mit über 6 Knoten unterwegs - und das bei einem Wind von nicht mehr als 4 Beaufort. Später lässt der Wind etwas nach.

Freunde von uns sind gestern aus Fahrdorf gestartet und kommen uns nun entgegen. Unsere Jüngster kann das Wiedersehen mit seiner Freundin kaum abwarten. Auch wir freuen uns auf die bevorstehende gemeinsame Zeit - es ist gefühlt schon ewig her!

Im Hafen von Maasholm bekommen wir einen wirklich tollen Liegeplatz. Wir erleben ungemein gesellige und harmonische Stunden mit unseren Freunden - auch die beiden Kinder genießen ihre Zeit mit Baden, SUP-Fahren usw. - traumhaft! Natürlich gibt es noch ein großes Eis. Es ist auch der erste Abend in dieser Saison, in der wir abends entspannt bei angenehmen Temperaturen in der Plicht sitzen können.

06.06.2021, Maasholm (Schlei) - Fahrdorf (FSV)

Wir lassen es heute ruhig angehen. Erst gegen Mittag legen wir ab. Mit ausgerollter Fock segeln wir im vielbefahrenen Fahrwasser der Schlei nach Kappeln. Bei achterlichen 2 Beaufort müssen wir später dann aber doch wieder den Motor starten.

Um 11:45 fahren wir durch die geöffnete Klappbrücke in Kappeln und nahmen Kurs auf die zweite Klappbrücke in Lindaunis. Derzeit gibt es auf Grund von Bauarbeiten nur sehr eingeschränkte Öffnungszeiten. Die alte Klappbrücke wird jeweils um 11:45 Uhr und um 16:45 für den Schiffsverkehr geöffnet. Wir legen uns erst einmal ein Stück vor der Brücke im Päckchen vor Anker. Es fängt an zu regnen, es bleibt aber angenehm warm. Die Kinder lassen es sich nicht nehmen und gehen baden.

Gegen 16:45 passiert wir dann schließlich die Lindaunisbrücke. Wir montieren den Pinnenpiloten. Doch leider stellt sich heraus, dass dieser ohne Funktion ist! Wie geht das schon wieder?? Gestern ging er doch noch! Bei der Suche nach der Fehlerursache stoße ich schließlich auf den Stecker der Fernbedienung. Hier ist die Schirmung innerhalb des Steckers gerissen. Na super! Ich muss versuchen, die beiden Enden durch Löten wieder zusammenzubringen. Um dafür genügend Länge zum Überlappen der Enden zu bekommen, muss ich versuchen, das feine Geflecht der Schirmung zu "entdröseln", um es dann zu einem lötfähigen Ende zu formen. Nach dem Verlöten muss ich die Verbindung dann noch mit Tape umwickeln, um es in dem kleinen und filigranen Stecker gegen die anderen Adern zu isolieren. Beim Zusammenschrauben des Steckers, darf kein Kontakt zu den anderen Leitungen entstehen. Die Schirmung ist durch die überlappenden Enden deutlich kürzer als die verbliebenen Adern geworden. Diese münden in kleinen, raumeinnehmenden Schlaufen in die Krimphülsen des Steckers. Das Ganze muss dann auch wieder Platz in den beengten Verhältnissen des elend kleinen Steckers finden. Beim Zusammenbau muss ich dementsprechend viel Kraft zum Zusammenfügen des Steckers aufbringen. Ich hoffe, dass dabei weder die Isolierung noch die Lötverbindung selber Schaden nehmen. Der anschließende Funktionstest zeigt dann, dass alles gut gegangen ist.

Gegen halb sieben abends laufen wir in den Hafen des FSV ein. Leider müssen wir noch irgendwie nach Hause kommen, was sich nach dem Blick auf die Bahn-App schwierig gestaltet hätte. Denn auf Grund von Bauarbeiten kommt es mal wieder zu Verzögerungen im Betriebsablauf und Anschlusszüge können möglicherweise nicht erreicht werden. Das würde dann mindestens eine Stunde Wartezeit in Neumünster bedeuten. Das ganze dann auf einen Sonntag gegen 21 Uhr mit Gepäck und einem völlig übermüdeten Kind, dass morgen in die Schule soll. Wir sind unfassbar dankbar, dass unsere Freunde uns vor diesem Horrorszenario bewahren und uns nach Glückstadt bringen! Wir sind unendlich dankbar! Rührend ist auch, dass Piets Freundin noch mitkommt, die ja morgen auch wieder in die Schule muss. Als kleine Anerkennung und Zeichen des Dankes machen wir in Itzehoe bei einem Schnellrestaurant Stopp. Es gibt "Burger und Pommes satt" (vielleicht war es am Ende teilweise auch schon mehr als "satt").

Wieder einmal liegt ein ereignisreiches und erfüllendes Wochenende hinter uns. Alleine die Frage mit dem Antifouling bleibt. Mal sehen, ob und wie wir das ggf. hinbekommen.

 




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