Ein Wochenende auf der Schlei -Viel Wind

10.06.2022, Fahrdorf (FSV) - Fährhaus Missunde

Wir kommen mit dem Auto recht gut durch bis nach Fahrdorf. Wir bringen den Proviant fürs Wochenende aufs Schiff und legen dann, für unsere Verhältnisse, entspannt ab. Der frische Wind kommt aus West. Das sind ideale Bedingungen, um ohne Motor aus dem Hafen zu kommen. Wir lassen uns mit dem Wind aus der Box treiben, stoppen dann am steuerborseitigen Heckpfahl auf, so dass ich unser Schiff zum nächsten Heckpfahl Richtung Hafenausfahrt drücken kann. Daran stoße ich den Bug noch ein Stück weiter, so dass etwas Fahrt ins Schiff kommt. Dann rollen wir schnell die Fock aus und wir beschleunigen weiter. Das ist auch dringend erforderlich, da wir sonst Richtung Steinwall vertreiben würden. Mit ca. drei Knoten segeln wir dann auf die Schlei und nehmen Kurs auf Missunde. Wir setzen noch das Großsegel.

Ich hatte einen Tisch für uns drei im Missunder Fährhaus reserviert, einschließlich eines Liegeplatzes. Man muss es sich auch mal gut gehen lassen! Bei Missunde sind wir dann voll in der Abdeckung, der Wind kommt hier gefühlt von allen Seiten. Wir quälen uns an der Fähre vorbei und segeln dann zunächst am Liegeplatz Nr. 27 vorbei, um die Lage abzuchecken: Ja, wir entschließen uns, hier ohne Motor in die Box zu fahren. Wir wenden, fahren einmal im Kreis und steuern dann die Box Nr. 27 mit der restlichen Fahrt im Schiff, bei eingerollter Fock in die Box. Es soll keinesfalls nach Eigenlob klingen, aber dass war ehrlich gesagt ein schönes Manöver! Es ist ein tolles Gefühl, ohne Verwendung des Motors in Fahrdorf abgelegt und hier in Missunde angelegt zu haben - das macht wirklich Spaß!

Wir genehmigen uns zur Feier des Tages ein "Anlegebier/-wein" und eine kleine Vorspeise. Wir genießen die Ruhe.

Im Missunder Fährhaus können wir dann auf der Terrasse mit wunderschönen Blick auf die Schlei sitzen und die Arbeitswoche hinter uns lassen. Das Essen schmeckt und das Personal ist wirklich sehr bemüht, auch als ein kleiner Regenschauer kommt und uns ein Sonnenschirm zum Schutz hingestellt wird. Die Chefin des Hauses kommt zu uns und heißt uns willkommen. Im Gespräch mit ihr erfahren wir, dass auch sie die Preissteigerung der Energierkosten spürt und spüren wird. Gerade die Klimaanlage ist eine von den "Stromfressen", so dass diese wohl dieses Jahr nicht betrieben wird. Das können wir gut nachvollziehen.

10.06.2022, Fährhaus Missunde - Ankern gegenüber Maasholm

Nach einem kräftigen Kaffee ziehen wir uns gegen 09:00 Uhr aus der Box und rollen die Fock aus, später setzen wir das Groß. Der Wind nimmt dann, wie vorhergesagt, deutlich zu. Auf Höhe des Gunnebyer Noors reduzieren wir die Segelfläche, später, holen wir die Segel ganz ein und lassen uns ca. 1 Seemeile vor der Lindaunisbrücke treiben. Bis zur Brückenöffnung sind noch 20 Minuten, so dass wir frühstücken. Es sammeln sich immer mehr Boote vor und hinter der Brücke und wir rollen ein ganz kleines Dreieck von der Fock aus, um Manövrierfähigkeit herzustellen. Es gibt Segler, die in dieser Wartesituation alle Segel stehen haben, wilde Manöver mit lauten Kommandos fahren und unnötig brenzlige Situationen herbeiführen. Wir versuchen uns, von diesen Schiffen fern zu halten. Als dann gegen viertel vor elf die Brückenöffnung startet, segeln wir mit geringer Fahrt von der südlichen Seite auf die Brücke zu. Wir haben den Motor "im Anschlag" aber nicht an. Wir regulieren die Geschwindigkeit mit der mehr oder weniger ausgerollten Fock. Zum richtigen Zeitpunkt reihen wir uns in die Schlange der Freizeitboote ein und rollen die Fock ganz aus, um zu beschleunigen. Die Durchfahrt ist wirklich eng und für starke Krängung beim Segeln ist hier definitiv zu wenig Platz, insbesondere, wenn Gegenverkehr ist. Wir haben den Wind allerdings achterlich, so dass unser Schiff ziemlich gerade bleibt. So schaffen wir es dann gut, ohne Motor durch die geöffnete Lindaunisbrücke zu kommen. Der Blick nach vorn und hinten verrät uns allerdings, dass wir die Einzigen sind, die hier durchsegeln.

Nun wollen wir das Groß setzen, was immer eine Herausforderung darstellt, da unser Schiff, nur unter Fock, ganz schlecht in den Wind zu bekommen ist. Daher machen wir das Ganze in mehreren Anläufen. Wir werden dann schließlich mit teilweise über 7 Knoten Fahrt belohnt.

Wir legen uns dann nördlich von Arnis vor Anker, um auf die nächste Brückenöffnung in Kappeln zu warten. Leider löst sich später unser Anker, so dass wir den Motor starten müssen. Da dieser nun ohnehin schon an ist, motoren wir bis nach Kappeln und machen am Südhafen vor der Brücke fest. Dort hat eine etwas eigentümliche und sehr maskulin wirkende Dame mit ihrem Segelboot hinter einem Traditionssegler festgemacht. Auf einem selbst gebastelten Schild steht "Hafenmeisterin". Das Schiff wirkt ungepflegt und das Unterwasserschiff scheint stark bewachsen zu sein. Die Dame hat offensichtlich um diese Tageszeit schon etwas öfter und auch tiefer in ihr Weinglas, dass auf ihrem Cockpittisch steht, geschaut. Mit rotem Kopf und fahrigen Bewegungen nimmt sie netterweise unsere Leinen an. Nicole wird allerdings, mit der Vorleine auf dem Vorschiff stehend, von der Dame unverrichteter Dinge angeschnauzt: "Jetzt schmeiß endliche diese Leine rüber!". Nicole weiß gar nicht so recht, wie ihr geschieht. Mit unserer Vorleine in der Hand, entwickelt die - wie wir später erfahren, selbsternannte "Hafenmeisterin" - ihre volle Dynamik und reißt an dieser, so dass Nicole und ich mit einiger Kraft versuchen, einen Aufprall unseres Buges mit der Spuntwand zu verhindern. Ich bleibe ruhig und rufe: "Danke, den Rest kriegen wir alleine hin!" Das war allerdings von mir zu einfach gedacht, denn die Hafenmeisterin nimmt ihren Job ernst, so dass sie sich als nächstes um unsere Heckleine kümmert.

Als wir später in unserem Cockpit sitzen, können wir eine angeregte Unterhaltung der Hafenmeisterin in ihrem Cockpit verfolgen, die sich nebenbei ein Essen zubereitet. Wir stellen dann aber fest, dass bei dem angeregten Zwiegespräch etwas entscheidendes fehlt: Es ist ein physischer Gesprächspartner! Aber das tut der Unterhaltung offensichtlich keinen Abbruch - Alles gut! Allerdings kann die herrisch wirkende Dame, mit schlaksiger Gestalt auch schnell ungehalten werden. So bekommt auf einmal ein Passant den Mittelfinger hingehalten, quasi aus dem Nichts. Ich gebe zu, dass das Treiben auf dem Nachbarschiff langsam an Unterhaltungswert gewinnt. Es soll nämlich nicht die einzige "Ansprache" von völlig unbeteiligten und ahnungslosen Passanten geblieben sein. Wir können beobachten, dass Passanten, die auf dem Hinweg dicht an uns vorbei gegangen sind, auf dem Rückweg einen großen Bogen um unsere Anlegestelle, bzw. die der Hafenmeisterin machen - ein echt lustiges und sehr skuriles Treiben!

Es hilft Nichts, die nächste Brückenöffnung wollen wir nehmen, wir starten den Motor und binden schnell los, leider nicht schnell genug! Die Hafenmeisterin merkt, dass wir ablegen wollen. Sie springt von ihrem Cockpittisch auf, hastet von Bord und greift sich unsere Spring, die einzige Leine, die wir nicht geschafft hatten, loszubinden. Dabei bekommen wir lautstark zu wissen: "Keine Schwimmwesten an, das gefällt mir gar nicht!". Mit unserer Spring in der Hand ruft sie dann zu mir rüber: "Meister, was hast Du vor?" - soll heißen, wie ist das Ablegemanöver geplant? Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon einen Abstand zur Spuntwand und ich war eigentlich im Begriff, den Vorwärtsgang einzulegen Daher entgegnete ich nur: "Ablegen!". Mit einem verächtlichen Blick zur Seite wirft sie unsere Spring an Bord und wir düsen ab.

Das war wirklich eine sonderbare Begegnung und wir fragen uns, welches Schicksal wohl hinter dieser Person steckt.

Südlich von Maasholm legen wir uns dann vor Anker. Der Wind lässt unser Schiff ordentlich am Anker rucken, so dass ich eine Leine mit Ruckdämpfer an der Kette montiere, die zu einer nennenswerten Entlastung der Ankerkette führt.

Am Abend setzen wir mit dem Schlauchboot nach Maasholm über. Immerhin 0,7 Seemeilen legen wir zu dritt in unserem kleinen Schlauchboot mit 2,3 PS Außenborder zurück. Dazu bestimmt 5 Beaufort von der Seite: Wir werden ordentlich nass! In Maasholm essen wir im "Tonne 15" leckere Waffeln".

Zurück an Bord erleben wir einen traumhaften Sonnenuntergang.

11.06.2022, Ankern gegenüber Maasholm - Fahrdorf (FSV)

Die Rücktour nach Fahrdorf verläuft, bis auf eine Ausnahme, unspektakulär. Vor der Lindaunisbrücke gehen wir beim "Norder Haken" bis zur Brückenöffnung um 14:45 Uhr vor Anker. Es ist wirklich schön hier. Als wir gerade aufbrechen wollen, sehen wir, dass sich ein Segelboot auf dem Flach des "Norder Hakens" festgefahren hat - unter voller Besegelung. Ein Motorboot ist herbei geeilt, und versucht den Havaristen vom Flach zu ziehen. Als wir an der Unglückstell vorbei, Richtung Lindaunisbrücke fahren, überlegen wir, ob wir das Motorboot, dass mit seiner an einem Fall des Segelbootes verbundenen Vorleine eine möglichst starke Krängung herbeizuführen, unterstützen wollen. Denn Krängung zur Verkleinerung des Tiefganges des Seglers war nicht mehr das Thema. Was jetzt fehlt, war Vorschub. Doch der Skipper gibt mit seiner Maschine Vollgas voraus und kommt tatsächlich frei - wir fahren weiter.

Vor der Lindaunisbrücke müssen wir heute warten (Deutsche Bahn: Ist normal!). Zur geplanten Zeit um 14:45 Uhr geht die Brücke jedenfalls nicht auf. Wir binden uns windgeschützt und provisorisch an einem Schwimmponton der Deutschen Bahn fest. Es ist nämlich ziemlich nervig bei guten 6 Beaufort und viel wartenden Schiffen umher zu kurven. Kurz nach 15 Uhr geht dann tatsächlich die Brücke auf.

Südlich der "Liebesinsel" machen wir noch einen kurzen Badestopp. Auf der Großen Breite kommt der Wind genau von vorne und die Gischt spritzt nach achtern; es wird nass und es ist kalt. Wir sind dann froh, als wir in Fahrdorf fest machen.

Wir hoffen jedenfalls noch auf Badewetter an einem der kommenden Wochenende!

 







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