Sommerurlaub 2021 – Es geht Richtung Osten! (1)

18.07.2021, Ankerplatz Haderslev Fjord- Faaborg

Nach vier Tagen und drei Nächten vor Anker müssen wir Strom und Wasser tanken und Müll entsorgen. Unser heutiges Ziel soll daher Faaborg sein. Der Wind kommt aus Nordwest und damit sehr achterlich; er briest dann später auf 6 Beaufort auf. Wir werden unfassbar durchgeschaukelt. Als ich mir eine Wasserflasche aus der Bilge hole, ergreift schlagartig eine immense Übelkeit Besitz von meinem Körper. Unser Jüngster dagegen ist die ganze Zeit unter Deck und hört Hörbücher, wie geht das? Piet hat offensichtlich richtig Seebeine bekommen!

Als wir in den Lyø Krog hineinfahren, müssen wir das Großsegel irgendwie auf die andere Seite bekommen. Für eine Halse ist zu viel Wind, also fahren wir eine Wende. Wir haben mit unserem voll gesetzten Groß aber zu viel Segelfläche stehen. Wir rollen die Fock ein. Bei dem Versuch, den Bug durch den Wind der Stärke 6 und die mittlerweile 1 Meter großen Wellen zu bekommen, versinkt der Bug geradezu in den Wellentälern. Schon aus Prinzip, nehmen wir jetzt nicht noch den Motor zur Hilfe - wir sind schließlich ein Segelboot. Beim zweiten Versuch schaffen wir es dann durch den Wind und wir haben einen schönen Raumkurs mit dafür angemessener Segelfläche, wir rollen sogar noch die Fock aus. Und JA: Auch wir können mal schneller sein als andere Segelboote. Mit einem gewissen Maß an Genugtuung, lassen wir ein anderes Segelboot (ich bin ehrlich: Hat wohl nur 28 Fuß) stehen!

War es diese kleine Genugtuung, die mir nicht vergönnt war oder war es meine Äußerung in Bezug darauf, dass wir in letzter Zeit keine nennenswerten Vorkommnisse zu beklagen haben? Gut, dass ich nicht abergläubisch bin! Fakt aber ist: Im Hafen von Faaborg geben wir mal wieder bestes Hafenkino seit langen Zeiten ab! Am Set befinden sich Menschenmassen, die am Hafen flanieren, denn dort sind überall kleine Stände bzw. Foodtrucks mit allerlei Köstlichkeiten aufgestellt. Der Hafen selbst ist ebenfalls proppevoll! Das Drehbuch sieht schönes Wetter mit besagtem starken Wind vor, ist aber für die Handlung nicht entscheidend. Entscheidend hingegen ist der Umstand, dass wir eine zu schmale Box, von zwei freien und direkt nebeneinander liegenden Boxen auswählen. Die Boxen befinden sich ganz am Anfang des Steges und es liegen nur zwei kleinere Boote zwischen den Boxen und der Kaimauer. Man kann sagen, wir befinden uns im Zentrum der für uns vorbereiteten Bühne. Die Menschenmassen an der Kaimauer und auch alle Bootsfahrer die auf ihren Schiffen neben und hinter uns sitzen, haben die besten Plätze. Beim Ansteuern der Box ahnen wir schon, dass es knapp wird, was sich dann beim Hineinfahren auch bestätigt. Das ist aber nicht schlimm, da können wir uns durchquetschen. Stück für Stück drücken wir uns mit eingelegtem Vorwärtsgang weiter hindurch. Ich schaffe es, den backbordseitigen Pfahl schrittweise nach hinten zu arbeiten. Gelassen, wie es meine Art ist, greife ich mir die backbordseitige Heckleine. Als ich jedoch im Begriff bin diese über den Heckpfahl zu legen, merke ich, dass am anderen Ende mit enormer Geschwindigkeit und Kraft dichtgeholt wird! Es geht ein enormer Ruck durchs Schiff und der Motor kommt mit einem Schlag zum Stehen. Zwischenzeitlich hatte unsere Unternehmung schon für ordentlich Aufmerksamkeit und das eine oder andere Kopfschütteln gesorgt. Doch nun wurde es richtig spannend! Wir stecken zwischen den Heckpfählen fest und haben unsere Achterleine im Propeller - Geniale Handlung mit Steigerungspotential! Wir können mit ansehen, wie sich Schaulustige vordere Plätze an der Kaimauer sichern - Andere stehen in ihrer Plicht auf, um von dort das Geschehen mit gesteigertem Interesse zu verfolgen. Uns kommt derweil der Umstand zugute, dass wir bereits Erfahrungen mit Leinen im Propeller haben - es hat Alles seinen Sinn! Ich hatte meine Badehose griffbereit unter der Sprayhood liegen und konnte unverrichteter Ding in unserer Plicht blank ziehen und mir den Fetzen von einer Badehose (ist schon etwas älter) anziehen. Jetzt war das Drehbuch bei FSK 18 angelangt! Das war mir aber in meiner Rage egal! Im Nu ist der Flaggenstock aus der Halterung der Badeleiter genommen und letztere zu Wasser gelassen. Ich greife mir die Taucherbrille und bin nicht viel später als 5 Minuten, seit dem der Motor zum Stehen gekommen ist, im Wasser - wie gesagt, wir reden hier über Routine!  Unter Wasser sehe ich dann unsere Heckleine, die mehrfach um die Antriebswelle gewickelt ist und unter beachtlicher Spannung steht. Durch Drehen an der Antriebswelle und gleichzeitigem Ziehen an der Leine bekomme ich die Spannung heraus und kann die Leine entwirren. Dabei merke ich, wie beim Entspannen die Antriebswelle nach innen rutscht und aus ihrer elastisch gebogenen Zwangslage wieder in ihre ursprüngliche Form kommt. Beim Aufwickeln der Leine um die Antriebswelle hat sich Leine mit jeder Wicklung zum Stevenrohr hin, Platz für die nächste Wicklung eingefordert, und dadurch die Welle herausgezogen. Was für ein Mist!! Ich schlucke meinen Frust über diese Erkenntnis erst einmal runter und steige zurück an Bord. Ich dachte nicht einmal daran, mir trockene Klamotten anzuziehen und mich der unter heftigen Alterserscheinungen leidenden Badehose zu entledigen - sollen doch die Gaffer ihren Spaß haben! Bei geöffneter Revisionslucke in der Plicht, starten wir mit  skeptischen Blicken auf den Antriebsstrang den Motor. Glücklicherweise ist auf den ersten Blick kein größerer Schaden erkennbar!

Wie auch immer, wir schaffen es schließlich in die Box. Unser steuerbordseitiger Nachbar, ein wirklich sehr netter Zeitgenosse, schlägt uns vor, dass wir auf den direkt neben uns, noch freien Platz verholen. Die Heckpfähle dieses Liegeplatzes sind seiner Meinung nach weiter auseinander, so dass wir es beim Ablegen leichter haben würden. Hier als Vorgriff: Er soll Recht behalten, dass konnten wir jedoch bei den engen Verhältnissen vorhin nicht so schnell abschätzen. Wir nehmen seine Hilfe an und beginnen unser Schiff dort hinüber zu ziehen. Auf Vorschlag unseres Nachbarn bekommt er dann unsere steuerborseitige Heckleine, mit der er uns dann heranziehen kann. Ich stehe mittlerweile am Heck und versuche unsere backborseitige Heckleine über den Heckpfahl zu bekommen. Dafür hatten ich eine extra große Schlaufe gebunden, so dass ich mit siegessicherer Gelassenheit zum großen Wurf ansetzen will. Doch genau in diesem Augenblick ertönt hinter mir ein lautes Rattern einer Winsch! Ich drehe mich um und sehe, wie unser netter Nachbar unsere Heckleine über einen mittschiffs gelegenen Holepunkt zu einer Winsch geführt hat und diese mit schnellen Kurbeldrehungen dicht holt. Das führt dazu, dass sich unser Schiff, dem Zug der Leine folgend, vom hinteren Heckpfahl entfernt. Weil aber der Nachbar so nett ist, will ich nichts sagen. Die anfängliche Gelassenheit beim Versuch, die Schlaufe unserer Achterleine über den Heckpfahl zu bekommen, wendet sich unterdessen in hektische und unkoordinierte Würfe! In mir konkurrieren leise Verzweiflung mit siegessicherem Kampfwillen. Aber, was soll ich sage? Letzterer gewinnt und ich bekomme die Leine über den Pfahl geworfen! Weil der nette Nachbar Alles gegeben hatte, bedankte ich mich noch für seine vermeintliche Hilfe - aber das war es Wert! Damit findet das Schauspiel dann sein Ende; die Menschenmassen an der Kaimauer setzen sich langsam wieder in Bewegung.

Hier noch kleine Anmerkung für diejenigen, die keinen Sand bzw. Staub an Bord haben wollen! Bei nordwestlichen Winden werden die vorderen Schiff (also nahe der Kaimauer) mit sehr viel Dreck beaufschlagt, den der Wind von den großen, freiliegenden Bauflächen Flächen  mitträgt. Unser Schiff sieht nach kürzester Zeit aus wie "Sa..."! Auch unter Deck ist der feine Sand zu spüren.

Faaborg ist wirklich sehr schön! Insbesondere auch der Weg entlang des Wassers. Dort liegt unter anderem ein kleiner Park, mit Sitzbänken und traumhafter Sicht auf den Faaborg Fjord. Abends gehen wir zu dem kleinen Marktplatz und der Stadtmitte und essen dort Pizza - wirklich schön und empfehlenswert!

Der nächste Tag fängt eigentlich gut an, aber leider passiert mir eine dummes Missgeschick! Ich werde  bald berichten!

 

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