Erst einmal los!

20.05.2020, SVE - Stör

Es ist Himmelfahrt, wir haben den Freitag als Brückentag frei genommen und unsere beiden Mädchen sind versorgt. Der Weg ist frei, für eine schöne Zeit auf dem Schiff. Wo es hingehen soll, ist noch offen. Heute wollen wir aber auf jeden Fall in die Stör zum Ankern. Was wir danach machen, behalten wir uns noch vor. Natürlich haben wir über mögliche Ziele gesprochen. Da wäre die Elbe mit Wedel oder auch Otterndorf, wo wir im Winter mit dem Bulli waren. Natürlich ziehen wir auch eine Art Überführung in die Schlei in Betracht - naja, mal sehen.

Hoch motiviert, wie es unsere Art ist, fahren wir heute zum Schiff, um mit dem Nachmittagshochwasser auf die Elbe zu fahren. Wir sind perfekt vorbereitet (glauben wir!!). Der Proviant ist bereits an Bord, der Wassertank ist voll, die Batterien sind geladen.

Das auflaufende Wasser erreicht den Schiffsrumpf und bedeckt bereits große Teile des Schlicks im Hafenbecken. Wir binden schon einmal alle Leinen los, denn sowie wir aufschwimmen, wollen wir uns rauswühlen.

Ich werfe schließlich den Diesel an, indem ich den Schlüssel rechts herum drehe und das gewohnte laute Piepen ertönt. Der Motor springt sofort an - große Freude! Doch leider hört das verdammte Piepen nicht auf! Was ist das denn?? Die Öllampe leuchtet; was für ein Quatsch, ich hatte doch letztes Wochenende einen Ölwechsel gemacht und definitiv 2 Liter frisches Öl in den Motor gekippt! Ich eile irritiert unter Deck und reiße die Klappe hoch. Was ich da zu sehen bekomme, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren! Das besagte Öl befindet sich nicht IM sondern UNTERHALB des Motors in der Bilge! Ich hechte den Niedergang hinauf reiße die Motorklappe in der Plicht auf und würge den Motor aus. Ich befürchte, dass mein spontaner Wutausbruch im gesamten Hafen wahrzunehmen ist. Was ist das für eine riesen große Schei...e!! Ich bin auf 180, was mich offensichtlich dazu befähigt, sofort die Lage einzuschätzen: Beim Festschrauben des Ölfilters hatte sich, von mir unbemerkt, ein elendes Kabel, das sich in diesem Bereich befindet, zwischen Ölfilter und Motorblock geklemmt. Durch den sich dadurch ergebenen Spalt, ist das Öl langsam aber stetig ausgelaufen. Mein Fehler! Wie konnte so ein Blödsinn passieren? Natürlich war es wieder einmal so, dass ich den Ölwechsel unter Zeitdruck, nach dem Motto "mal eben" gemacht hatte. Denn nach unserer ersten Ausfahrt letztes Wochenende, mußten wir uns zeitig zu Hause einfinden, da wir Verpflichtungen gegenüber unserem Nachwuchs hatten.

Im Grunde war damit unser jetzige Start ins Himmelfahrtswochenende erledigt, denn heute läuft das Hochwasser -0,2 Meter unter MHW auf und eigentlich müssten wir jetzt los! Ich kann und will aber nicht aufgeben, denn wir haben einiges angestellt, um heute los zu können. Ich nehme den Autoschlüssel und rase nach Hause. Ich reiße eine elektrische Ölpumpe (von Aldi oder Lidl) sowie den vom Ölwechsel übrig gebliebenen 5l-Kanister aus dem Schuppen und fahre sofort zurück zum Hafen. Ich stecke die Pumpe zusammen und bitte Nicole, die Pumpe über dem Niedergang festzuhalten, da die elektrischen Anschlusskabel und die Ansaugleitung zu kurz sind.

"Tja", kann ich nur sagen, die ganze Unseeligkeit läßt sich tatsächlich noch steigern! Als ich den Startknopf der Ölpumpe betätige, fängt sie erwartungsgemäß an, das Öl unterhalb des Motor anzusaugen. Im durchsichtigen Ansaugschlauch kann man das dunkle Öl langsam zur Pumpe aufsteigen sehen. Meine Freude darüber, dass wir nun Herr der Lage werden und gleich ablegen können, wird in wenigen Augenblicken durch ein wahres Inferno im Keim erstickt. Als nämlich das Öl aus dem druckseitigen Schlauch austritt, ploppt dieser vom Anschlussnippel der Pumpe und das Öl spritzt fontänenartig heraus. In meiner Panik dauert es einen Moment, bis ich den Schalter der Pumpe finde, um das Inferno zu stoppen. Wie konnte es dazu kommen? Da das Öl in der Bilge kalt ist (beim Ölwechsel ist es ja normalerweise warm), ist es entsprechend zähflüssig. Erreicht das Öl die Druckseite der Pumpe und füllt den druckseitigen Schlauch, steigt der Druck auf der Druckseite der Pumpe stetig an, so dass der Schlauch irgendwann vom Anschluss der Pumpe rutscht. Als ich den Schlauch mit einer Schlauchschelle festmache, geht die Pumpe wegen Überlast aus - das Öl ist einfach zu kalt!

Auch wenn es sich in diesem Zusammenhang merkwürdig anhört, aber wir hatten noch Glück, dass das Öl im Motorraum gelandet ist. Oder besser gesagt, es ist Nicole zu verdanken, dass sie geistesgegenwärtig den Ölstrahl in den Motorraum gehalten hat. Dennoch, der Anblick, der sich uns bietet, ist "erschütternd". Jetzt befindet sich nicht nur Öl unterhalb des Motors, sondern auch noch verteilt im gesamten Motorraum. Meine Wut in mir lässt mich einen kurzen Moment in einer Art Schockstarre verharren! Allerspätestens jetzt, müssten wir zur Kenntnis nehmen, das ein Ablegen aussichtslos ist. Aber ich will es einfach nicht hinnehmen! Zu diesem Zeitpunkt kommt Nicole eine Idee: Sie greift sich die Autoschlüssel und holt bei Netto ein Paket Windeln. Indes fülle ich das Öl aus dem Kanister in den Motor - natürlich habe ich vorher den Ölfilter fest gegen den Motorblock geschraubt und zwar OHNE das elende Kabel dazwischen! Dann mache ich mich an das Säubern des Motorraums.

Nicole ist nach einer viertel Stunde wieder da und ich nehme das Öl in der Bilge mit Windeln auf. Es ist eine Wettrennen mit der Zeit. In 40 Minuten fängt das Wasser an, wieder abzulaufen!

Ich glaube Jeder, kann sich vorstellen, was für eine riesige Sauerei das Ganze ist. Nicole und ich arbeiten Hand in Hand. Nicole reicht mir eine Windel nach der anderen, die vollgesogenen Windeln kommen in Müllbeutel. Das Gröbste haben wir dann zügig aufgenommen. Wir schauen auf die Uhr: Wenn wir noch los wollen, dann genau jetzt!  In weniger als einer halben Stunde läuft das Wasser ab. Nicole startet den Motor, während ich den brandlastigen Müll zusammenräume. Wir schaffen es in wenigen Augenblicken auf die Krückau hinauszufahren.

Die Fahrt auf der Au nutzen wir, um das ganze Geschehen zu verarbeiten. Das gelingt uns dann auch angesichts der wunderschönen Natur recht gut. Wir haben uns die Stör zum Ziel gesetzt. Auf Höhe der Rhinplate begegnen wir Stefan Eller mit seiner "Magellan". Er steuert Glückstadt an.

Am frühen Abend legen wir uns ein ganzes Stück hinter dem Störsperrwerk vor Anker. Es ist mild, die Sonne scheint - es ist ein Traum! Im Hintergrund sehen wir die Masten der "Peking", die bald in den Hamburger Hafen verholt werden soll. Jetzt gönnen wir uns erst einmal ein Bierchen/Weinchen! Wir überlegen, wo es morgen hin gehen soll. Wir sind sehr unentschlossen. Wir würden einerseits gerne in unserem Heimatrevier bleiben, da es hier wirklich sehr schön ist. Andererseits hätten wir über Himmelfahrt genügend Zeit, um in die Schlei zu kommen, von wo wir dann in den Sommerurlaub starten würden. Außer Pfingsten gibt es für uns keine verlängerten Wochenenden mehr, da unser Jüngster mittlerweile schulpflichtig ist. Wir kommen zu keiner Entscheidung und gehen zu Bett.

Wir liegen hier wie in Abrahams Schoss. Die Nacht vor Anker ist absolut ruhig. Auch das Kentern der Tide ist nicht zu merken.

21.05.2020, Stör - Ankerbucht vor Möltenort

Ich wache um punkt 6 Uhr auf. Ich frage Nicole, ob wir los wollen. Sollten wir Richtung Brunsbüttel wollen, müssten wir bald ablegen, da nur noch 2,5 Stunden ablaufendes Wasser ist. Wir machen uns einen Kaffee und wägen erneut ab. Wir entschließen uns erst einmal nach Brunsbüttel zu fahren und sich dann offen zu halten, vielleicht in den Gieselaukanal zu fahren.

Bei Erreichen der Schleusen, können wir direkt hineinfahren, und das, obwohl eine der beiden kleinen Kammern aufgrund einer Havarie geschlossen ist. Wir nutzen die Fahrt auf dem NOK, um uns über die Eider zu informieren. Von einem Vereinskamerad erfahren wir, dass man auf dem Gieselaukanal bzw. auf der Eider nicht ankern darf. Außerdem soll das Wetter deutlich schlechter werden. Daher fahren wir durch bis Holtenau, wo wir direkt nach einem kurzen Zwischenhalt am Ticketautomat in die Schleusenkammer fahren können. Wir machen erst einmal an dem einzig verbliebenen Steg in Holtenau neben der Schleuse fest, bis wir eine großes Feld mit Ankerliegern, genau gegenüber, auf der anderen Seite der Förde entdecken. Dort wollen wir hin. Während ich ablege, macht Nicole leckeren Fisch zum Abendessen. Gegen 19 Uhr fällt der Anker, südlich des Hafen von Möltenort.

Nach dem Essen klariere ich noch das Schlauchboot und wir setzen zum Hafen über. Dort gibt es noch einen "Sundowner" vor sagenhafter Kulisse mit untergehender Sonne und wunderschönen, davorliegenden Schiffen - passt!

22.05.2020, Ankerbucht vor Möltenort  - Maasholm

Am nächsten Morgen heißt es erneut früh aufstehen. Denn jetzt müssen wir in den nächsten Tagen nach Fahrdorf in der Schlei kommen. Heute Nachmittag ist viel Wind und Regen angesagt - das wollen wir "umschiffen".

Als wir die Kieler Förde hinter uns lassen, kommt Wind auf. Wir hissen die Segel und können endlich den Motor ausmachen. Es folgt ein traumhafter Schlag zur Mündung der Schlei. Mit seitlichem Wind der Stärke 4 segeln wir 6,5 Knoten, teilweise 7 Knoten - wir haben noch keinen Bewuchs!

Vor Schleimünde ist echt die Hölle los! Wir haben nicht den Eindruck, dass viele Eigner Ihr Schiff dieses Jahr an Land stehen lassen! Wir machen in Maasholm fest. Nachmittags kommt dann der angekündigte Regen und damit das nächste Unheil! Es regnet im Bereich der Decksdurchführungen der Kabel durch. Außerdem an einem Fenster an Backbord. Ich merke in mir Wut aufsteigen! Wir hatten unser Schiff ohne Leckagen in die Halle gestellt und jetzt gleich zwei undichte Stellen?? Ich erwische mich bei dem Gedanken, was es kosten würde, ein Schiffswrack zu entsorgen!

Meine Laune bessert sich ehrlich gesagt nicht wesentlich, auch nicht, als Freunde neben uns festmachen. Das Fenster werde ich eindichten können, dafür habe ich auch Alles dabei. Aber ich finde einfach nicht die undichte Stelle am Mastfuß! Immer wieder gehe ich raus und versuche irgend eine verdächtige Stelle ausfindig zu machen. Das mir das nicht gelingt, macht mich fast wahnsinnig - auch weil ich auf Grund des starken Regens nicht sofort mit den Arbeiten starten kann.

23.05.2020, Maasholm - Henningsen und Steckmest

Am nächsten Morgen regnet es mal nicht. Ich mache mich, um schnell ein Erfolgserlebnis zu haben, erst einmal an den Ausbau des undichten Fensters. Ich entferne die Rückstände der alten Dichtung und dann lassen wir es trocknen. Unser Kleinster hat endlich Spielkameraden und eine Menge Spaß - das hebt die Stimmung!

Unser Freund hat, wiedereinmal, Alles dabei. So auch die richtige Dichtmasse für das Fenster. Ich habe das gleiche Zeug, allerdings nicht aus der Tube sondern als Dichtband, dass man mit der Hand formen kann - vielleicht bekannt als "Kotflügeldichtband". Damit dichte ich das Fenster ein und montiere den Alurahmen. Dann widme ich mich der undichten Stelle am Mastfuß. Hier gibt es zugegebenermaßen viele Kanten und Ecken. Ich ziehe die Kante des kleinen Holzsockels zum Teakdeck als undichte Stelle in Betracht. Diese kleine Naht sieht porös und nass aus. Ich arbeite, in Ermangelung eines Dremels mit passendem Kugelfräser, mit einem Akkubohrer, bestückt mit einem 6mm-Bohrer, eine entsprechende Nut in die Kante. Dass kostet mich wirklich Überwindung, hier so rabiate Zerspanung vorzunehmen! Aber erstaunlicherweise gelingt mir das ganz gut. Als ich die Stelle aufarbeite, kommt tatsächlich etwas nasses Holz zu Tage. Ich bin mir sicher, dass es die ominöse undichte Stelle ist.

Ich lasse die Stelle trocknen, während wir uns mit unseren Freunden zum Hafen von Henningsen & Steckmest verholen. Wir besorgen uns eine kleine Tube Sikaflex, womit ich dann eine möglichst schöne Naht gestalte (Ergebnis siehe Bild). Bei der Gelegenheit baue ich auch noch das nächste Fenster aus und dichte es neu ein. Dann haben wir nur noch eins von den vier kleinen Fenstern, die wir noch nicht neu gemacht haben. Das vordere kleine Fenster hatte ich vor ca. 3 Jahren mal im Winterlager neu gemacht. Da hatte ich auch eine neue Plexiglasscheibe eingesetzt.

Es wird ein sehr schöner Nachmittag mit unseren Freunden, mit denen wir uns unter Wahrung der Abstandsregeln auf dem Steg treffen. Die Kinder spielen ausgelassen - das ist ein wahre Freude!

Abends bestellen wir uns dann ganz dekadent Pizza. Der Hafen gefällt uns wirklich sehr gut. Man hat einen wunderschönen Blick auf die nahe vorbeifahrenden Schiffe.

24.05.2020, Henningsen und Steckmest - Fahrdorf

Am nächsten Morgen stehen wir gut gelaunt auf. Das ändert sich bei mir allerdings, als ich mir die Zähne putze. Mir fällt ein Tropfen auf den Rücken - und zwar aus der als repariert gewähnten Stelle! Was für eine Ironie des Schicksals! Ich bin echt sauer!

Heute müssen wir nach Fahrdorf, um dann mit der Bahn nach Hause zu kommen. Wir können diese Leckage so nicht lassen, da wir das Schiff bis Pfingsten seinem Schicksal überlassen müssen. Es hilft Nichts, ich muss die Stelle finden!

Bei einer Regensimulation mit dem Wasserschlauch, kristallisiert sich der Sockel für den Stecker der Windanzeige als Möglichkeit heraus. Nicole hatte diesen bereits vorher in Verdacht. Zunächst müssen wir aber zusehen, dass wir ablegen, denn wir müssen die Brücke in Kappeln und die Lindaunisbrücke passieren. Üblicherweise hat man dann vor der Lindaunisbrücke eine Stunde Wartezeit, da die Brückenöffnungszeiten für Freizeitskipper sehr ungünstig getaktet sind.

Noch bevor wir ablegen, nimmt der Wind gehörig zu, begleitet von Regenschauern - das geht mit gehörig auf den Senkel, da ich unbedingt auf der Fahrt den Steckersockel abmontieren und neu eindichten möchte.

Der Wind wird im weiteren Verlauf so stark, dass ich leichteres Werkzeug, wie Schraubenzieher nicht einfach oben an Deck liegen lassen kann. Ich binde dann das Schlauchboot an die Wanten, so dass ich wenigstens ein bisschen Windschutz habe. Gegen die fast horizontal einfallenden Schauer hilft das auch erstaunlich gut.

Unter wirklich widrigen Bedingungen mache ich mich an die Arbeit. Der Wind hat auf in Böen 7 Beaufort aufgefrischt. Nicole steuert die Hanna gegen den Wind und das kappelige Wasser der Schlei. Es ist arschkalt an der Pinne und ziemlich nass. Ich muss Alles festhalten oder irgendwo einklemmen. Wenn ein Schauer kommt, muß ich versuchen die Nässe von der Reparaturstelle fernzuhalten. Ich beiße die Zähne zusammen, denn mein Wunsch ist es, dass das Sikaflex anzieht, bevor wir in Fahrdorf ankommen. Dort möchte ich dann den ultimativen Dichtigkeitstest mit dem Wasserschlauch wiederholen.

Am späten Nachmittag kommen wir in Fahrdorf an. Nicole steuert bei heftigen, einfallenden Böen von achtern sicher in die Box. Unsere Freunde nehmen die Leinen an - wir sind fest. Bevor irgendetwas anderes unternommen wird, hole ich den Wasserschlauch und halte voll auf die Decksdurchführungen, insbesondere auf den von mir neu eingedichteten Sockel. Zu meiner großen Erleichterung kommt kein Tropfen ins Schiffsinnere!

Wir packen Alles zusammen und werden dann netterweise zum Bahnhof gebracht - Danke Matthias!

Das war wiedereinmal ein sehr ereignisreicher Törn! So manch einer wird sich fragen, was dass mit Erholung zu tun hat. Eine Antwort darauf habe ich nicht. Ich weiß nur, dass es keine Alternative zu dieser Art von Erholung gibt!

Wir freuen uns schon auf die nächsten Herausforderungen!







Saisonstart 2020

16.05.2020, SVE – W.YK.

Es ist Wochenende und wir haben die Absicht, dass Thema „Corona“ mit seinen Aspekten wie "Reproduktionszahl", "Fallzahl", "Inzidenz", "Home Schooling" usw. wenigstens bis morgen hinter uns zu lassen. Denn die Pandemie hält auch uns mit unseren beiden Ältesten mitten im Abi bzw. MSA sowie dem Kleinsten in der 1. Klasse ordentlich auf Trab.

Es ist das erste Mal in dieser Saison, dass wir ablegen. Wir haben Mitte Mai – das ist ziemlich spät für unsere Verhältnisse. Aber wir sind ehrlich gesagt froh, dass es überhaupt möglich ist.

Gegen Mittag ist Hochwasser in Elmshorn. Wir hoffen 1,5 Stunden vorher loszukommen. Wir sitzen an Bord und beobachten etwas besorgt das zäh auflaufende Wasser. Gemäß Vorhersage soll das Hochwasser ca. 0,3 Meter unter mittlerem Hochwasser sein. Ein gute Stunde vor Hochwasser in Elmshorn starten wir den Motor und fangen an, uns „frei zu wühlen“. Wir kommen aber erstaunlich schnell vom Platz und fahren auf die Krückau. Am Ufer sind deutlich die Schlickablagerungen zu erkennen; ein Zeichen dafür, dass wirklich nicht viel Wasser in der Au ist. Unser Echolot zeigt 0,2 m unterhalb des Kiels und teilweise weniger an. Wichtig ist, immer die Außenkurven zu fahren, da es dort am tiefsten ist. Je weiter wir die Krückau hinunter fahren, desto entspannter wird es, da die Tiefe zur Mündung stetig zunimmt. Das wird morgen auf der Rücktour anders sein.

Nach einiger Zeit öffne ich mit Spannung die Klappe zum Motor, um einen Blick auf unsere neue Wellendichtung zu werfen. Mit Freude nehme ich zur Kenntnis, dass diese absolut trocken ist – bis jetzt! Ich hoffe inständig, dass es auch dabei bleibt!

Bis auf eine Ausnahme, scheint die Technik voll funktionsfähig am Start zu sein. Leider zickt unser Windanzeiger herum. Ich hatte vor einigen Tagen bereits die Steckerverbindung am Mastfuß gelöst und den Stecker des Mastkabels aufgemacht. Darunter kam ordentlich Korrosion zu Tage. Nicole hat noch am selben Tag einen neuen Stecker von AWN geholt und ich habe ihn angeschlossen - leider ohne Erfolg! Ich hatte versucht mir einzureden, dass das nicht so schlimm ist und wir erst einmal so losfahren können.

Nach einer guten Stunde erreichen wir den wirklich schön gelegenen Hafen des W.Y.K an der Krückaumündung. Uns offenbart sich ein seltener Anblick: Am Gaststeg liegt die „Peter von Seestermühe“. Ein wunderschönes Schiff, mit dem mein Vater Ende der 1950er Jahre viele Reisen unternommen hat. Damals hieß das Schiff noch „Peter von Danzig“ und war in Besitz des ASV in Kiel. Ein Stück des damals gebrochenen Mastes hat mein Vater vor sehr vielen Jahren zu einer großen Hängelampe umgebaut, die immer noch über dem Esszimmertisch in meinem Elternhaus hängt.

Wir machen gegenüber vom „Peter“ fest und haben von hier einen tollen Blick auf den ehemals als Rennschiff konstruierten Klassiker. Ich nutze schließlich den Nachmittag, um das Rigg einzustellen.

Der Slipbetrieb ist, unter Einhaltung der Abstandsregeln, voll in Gange. Es ist wirklich sehr schön, hier zu sein. Wir treffen viele Bekannte, die entweder ihr Schiff noch in der Halle stehen haben oder auch schon mit gesetztem Mast auf ihrem Platz liegen. So auch Stefan Eller mit seinem Stahl-Delphin „Magellan“. Er hat zuletzt den Innenausbau seines Schiffes im Grunde komplett neu gemacht. Wir dürfen uns von dem wirklich tollen Ergebnis seiner handwerklichen Arbeiten überzeugen (unter Wahrung des Mindestabstands) - Alles aus Mahagoni und hochglänzend lackiert.

Abends kehrt Ruhe im Hafen ein. Wir sitzen abends noch lange in unserer Plicht – es ist zwar kalt und windig, aber mit einer warmen Jacke können wir es ganz gut aushalten.

 

17.05.2020, W.Y.K. - SVE

Auch heute ist wieder das Hochwasser mit 0,3 Meter unter mittlerem Hochwasser vorhergesagt. Wir hoffen, dass wir 1,5 bis 2 Stunden vor Hochwasser hier aus dem Hafen kommen. Dazu müssen die Tore, die das Wasser bei Ebbe im Hafen halten, entsprechend rechtzeitig geöffnet werden. Wir sind aber offenbar nicht die Einzigen, die los wollen. Allerdings die Einzigen, die nach der Ausfahrt zur Krückau rechts herum Richtung Elmshorn fahren – alle anderen legen Richtung Elbe ab.

Wir haben den Eindruck, dass genug Wasser aufläuft. Wir legen gegen 11:40 Uhr ab und motoren die Krückau hinauf. Die Landschaft ist wunderschön; die saftigen Wiesen werden durch die Mittagssonne hell erleuchtet, ebenso die Blumen. Kühe und Schafe stehen teilweise direkt am Ufer – wunderschön!

Trotzdem habe ich genug Zeit, um über den defekten Windanzeiger nachzudenken. Es wurmt mich einfach und ich entschließe mich, nach dem Anlegen den Stecker aufzumachen und durchzumessen.

Auf der Krückau ist ordentlich Betrieb: Viele Ruderer und auch Kajakfahrer. Wir bremsen jedes Mal stark ab, um möglichst kleine Wellen zu erzeugen. Gegen 12:30 Uhr erreichen wir dann unseren Heimathafen. Wir nutzen die Gelegenheit des warmen Motors/Motoröls und machen einen Ölwechsel. Außerdem tauschen wir den Impeller. Anschließend mache ich mich sofort an die Windanzeige.

Das war ein schöner und kurzer Start in die Saison. Wir hoffen, dass wir bald wieder ablegen können.


Cockpit-Tisch aus Holz

Als wir unsere Hanna neu hatten, hatten wir den Campingtisch vom Voreigner in Benutzung. Später haben wir die klappbaren Beine abgeschraubt und eine Lagun-Halterung darunter gesetzt. Dieser Campingtisch war unhandlich und passte rein optisch auch gar nicht zu unserer Hanna. Seither haben wir von einem klappbaren Tisch aus Holz geträumt, den es aber leider in den für uns passenden Abmaßen offensichtlich nicht gibt. Auch auf der Messe in Düsseldorf wurden wir nicht fündig.

Also, haben wir uns eine vorgefertigte Tischplatte von der Tischlerei Behn in Hamburg gekauft. Er hat die Abmaße 900 mm x 600 mm und ist bereits mit Schlingerleisten versehen. Da wir den Tisch zu einem Klapptisch umarbeiten wollen, müssen wir die Schlingerleisten an den beiden kurzen Seiten entfernen. Mit einem Fine-Multitool trennen wir also vorsichtig die überstehenden Leisten ab. Dann machen wir zwei Schnitte auf der Kreissäge, so dass wir aus der Tischplatte drei Teile machen. Ein komisches Gefühl, so eine schöne Tischplatte "zu zerstören"!

Wir haben uns bei Toplicht vier Scharniere gekauft. Die Scharniere sollen etwas in die Tischplatte eingelassen werden, so dass sie mit der Tischfläche eine Ebene ergeben. Mit einem Stechbeitel arbeiten wir dann die vier entsprechenden Flächen heraus.

Die Lagun-Halterung hatten wir bereits an den Bohrungen für den Kompass des Reitbalkens montiert. Wir wollten nämlich keine zusätzlichen Bohrung in die Cockpit-Flächen machen. Um die Halterung zu stabilisieren, haben wir diese zusätzlich zum Boden hin gelagert. Dazu haben wir ein dickwandiges Alurohr aus dem Baumarkt besorgt und abgelängt. Um das Alurohr mit der senkrechten Stütze der Lagun-Halterung verschrauben zu können, haben wir das Rohr mit zwei Gewindebohrungen M8 versehen - deshalb auch "dickwandiges Rohr". Im Anschluss haben wir das Rohr in die Stütze der Lagun-Halterung gesteckt und mit zwei Zylinderkopfschrauben aus 1.4571 verschraubt. Das Ende des Alurohres wird dann beim Aufbauen in eine Art Haltering geführt, der auf die Gräting des Cockpit-Bodens geschraubt ist. Das Ergebnis überzeugt: Die gesamte Konstruktion ist sehr stabil, wir sind zufrieden!

Die Ungewissheit slippt mit!

08.05.2020, SVE

Es liegen lange Wintermonate hinter uns, die insbesondere Nicole genutzt hat, um sämtliche Holzteile an unserem Schiff ab- bzw. anzuschleifen und mehrlagig zu lackieren. Außerdem wurden die einzelnen Trittflächen auf dem Laufdeck abgeklebt (Schweinearbeit!) und mit neuer trittfester Farbe versehen. Die Aufbauten und das Überwasserschiff wurden gewaschen und dann poliert. Auch die Beschläge und der Anker wurden poliert. Die Mühe hat sich aber wirklich gelohnt!

Seit Nicole nun mit ihren Arbeiten fertig ist, darf ich nur noch mit Socken an Bord und auch die glänzenden Beschläge und den Anker darf ich nicht mehr berühren – Fingerabdrücke!!

Ich hatte mich derweil an das Unterwasserschiff gemacht. Eigentlich wollte ich nur die losen Teile des mittlerweile mehrlagigen Antifoulings herunterholen. Aber das Ganze wurde dann immer großflächiger, so dass ich am Ende geschätzt ¾ der gesamten Fläche mit dem Spachtel und teilweise mit einem Fine-Multitool, heruntergeholt hatte. Uns wird klar, dass wir bald, vielleicht sogar in der kommenden Wintersaison, das gesamte Unterwasserschiff vom alten Antifouling befreien müssen.

Mit unseren Arbeiten, einschließlich kleinerer Reparaturen sowie neuer Wellendichtung (siehe Beitrag vom 19. Febr.) und einem neuen Cockpit-Tisch (neuer Cockpit-Tisch) sind wir nun seit Mitte März fertig. Es ist Alles bereit zum Abslpippen und auch die Lagerbolzen der vier Schienen- sowie der vier Querräder sind neu eingefettet. Dass wir erst fast zwei Monate später ins Wasser kommen, war uns natürlich zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst.

Natürlich ist heute die Freude über das bevorstehende Abslippen groß! Allerdings spielt auch eine gehörige Portion Unsicherheit mit. Denn es ist nicht gewiss, wann die Lockerungen der aus unserer Sicht absolut notwendigen Maßnahmen gegen eine schnelle Ausbreitung des Virus wieder verschärft werden müssen. Es gibt auch einige Vereinskameraden, die ihr Schiff in der Halle lassen. Auch wir haben mit dem Gedanken gespielt.

Beim Verholen unserer Hanna aus der Halle machen sich die gefetten Lagerbolzen bezahlt. Alles läuft im wahrsten Sinne wie geschmiert. Wir kommen dann als drittes Schiff ins Wasser. Jedoch reicht die Zeit nicht mehr, um bei bereits ablaufendem Wasser den gestern vorbereiteten Mast, zu setzen. Das machen wir dann morgen.

09.10.2020, SVE

Hochwasser ist erst heute am späten Nachmittag, so dass wir die Zeit nutzen, um noch ein paar Restarbeiten am Schiff zu erledigen. Dazu zählt u. a. das Schmieren der Seilzüge des Gas-/Getriebehebels. Gegen 16:30 Uhr können wir dann an den Mastenkran verholen, um den Mast zu stellen. Es ist jedes Mal wieder spanndend: Haben wir beim Anschlagen des stehenden Gutes Alles richtig gemacht? Es gibt jedenfalls genügend Fehlerquellen. Dank unserer mittlerweile recht umfangreichen Checkliste, steht der Mast recht zügig. Nur beim Abbergen des Gurtes verhakt sich dieser an den Splinten der Beschläge der Unterwanten. Glücklicherweise hatten wir dieses mal eine Bergeleine an den Gurt gebunden. Damit und mit einem langen Haken konnten wir den Gurt lösen.

Als wir zurück am Platz sind, schlagen wir die Segel an und bauen die Sprayhood um. Bei Sonnenuntergang sitzen wir dann das erste Mal in der Plicht und stoßen auf unser fast segelklares Schiff an. Es ist wunderschön hier im Hafen – Natur pur. Es geht ein leichtes Rauschen durch die frisch begrünten Bäume und wir können Graureiher am Ufer beobachten – traumhaft!

Wir sind gespannt, wie es nun in den nächsten Wochen weitergeht!