Arschkalt!

27.04.2024, Marina Minde - Iller Strand

Es soll heute und morgen mit dem Wetter etwas bergauf gehen. Wir entschließen uns, heute für eine Nacht noch nach Marina Minde zu fahren. In Elmshorn ist es heute Morgen schon so warm, dass ich mit kurzer Hose ins Auto steige. Der, für mich völlig untypische, grenzenlose Optimismus, führt dazu, dass ich heute auch keine wärmeren Klamotten einpacke. Eigentlich ist klar, dass es an der Ostsee bestimmt 4 Grad kälter sein wird.

Wir kommen gegen 12 Uhr in Minde an, bauen die Kuchenbude ab und können gegen 12:30 ablegen. Wir ziehen/drücken unser Schiff ohne Motor aus der Box und warten, bis der Bug vom östlichen Wind Richtung Hafenausfahrt gedreht wird, dann rollen wir die Fock etwas aus. Wir nehmen Fahrt auf und können unser Schiff aus dem Hafen steuern. Unser Ziel ist Iller Strand, 1,8 SM südwestlich von Marina Minde. Eigentlich sind für heute schon etwas erträglichere Temperaturen angesagt, aber dadurch, dass die Ostsee nur so um die 9 ° C hat, ist der Ostwind noch ziemlich kalt. Nicole lässt es sich nehmen an der Pinne zu stehen und kreuzt unsere Hanna tapfer ca. eine Stunde nur mit Fock zur unserer Ankerstelle vor Iller Strand. Wir finden schnell eine Stelle ohne Seegras, wo wir den Anker fallen lassen können. Mit einem kleinen ausgerollten Dreieck unserer Fock, das ich vorne vom Bug aus, in den Wind drücke, fahre ich den Anker etwas in den Seegrund ein. Er hält sofort - einfach genial! Nun liegen wir dieses Jahr das erste Mal vor Anker, an einem unserer Lieblingsankerplätze, hier vor Iller Strand. Der Blick auf die Flensburger Förde ist einfach wunderschön und man kann von hier auch den Schiffsverkehr sehr gut beobachten.

Am Nachmittag pumpe ich mit  unser Jüngsten vorne auf dem Vorschiff das Schlauchboot auf. Wir setzen dann alle zusammen an Land über. Wir legen mit dem Schlauchboot an einem kleinen Hafen für Fischerboote an. Die Anlage ist leider total verfallen und der Hafen komplett versandet. Eigentlich schade.

Wir spazieren Richtung Brunsnæs. Auf dem Weg dorthin finden wir einen kleinen Weg, der links eine Anhöhe hinaufführt. Oben angekommen, haben wir einen traumhaften Blick auf die Flensburger Förde. Der Weg führt dann zu einem Seniorenheim, von wo aus eine Treppe hinunter zur Küstenstraße führt. Im weiteren Verlauf kommen wir an einem kleinen Selbstbedienungsladen vorbei. Hier gibt es leckeres Eis und Getränke - Alles auf Vertrauensbasis! Leider haben wir kein Kleingeld sondern nur einen 100-Kronenschein dabei und müssen unseren Jüngsten leider enttäuschen.

Der Anlegesteg von Brunsnæs, wird offensichtlich wieder instand gesetzt. Hier legt nämlich auch die "Cykelfærgen" an. Als wir uns gerade auf den Weg zurück zum Schlauchboot machen wollen, kommt uns ein Paar mit Hund entgegen. Ich spreche die Beiden auf Dänisch an und frage, ob sie möglicherweise Geld wechseln können, damit wir für unseren Jüngsten ein Eis kaufen können. Der Mann zieht sein Portemonnaie aus der Tasche und gibt uns einfach so 20 DKK. Das finden wir so extrem nett!! Wir kommen kurz ins Gespräch, beide sprechen auch gut Deutsch. Es stellt sich heraus, dass hier in Brunsnæs viele Deutsche wohnen. Diesen Trend, dass immer mehr Deutsche nach Dänemark übersiedeln, hatte ich ich schon seit längerem wahrgenommen. Auf meine Nachfrage hin bestätigen Beide, dass sich nicht alle Deutschen Einwanderer genug bemühen, Dänisch zu lernen - das finde ich sehr schade, allerdings sei wohl das Miteinander zwischen Dänen und Deutschen ganz ok, das freut uns!

Mit den 20 DKK können wir nun ein Kind (für eine gewisse Zeit) glücklich machen. Wir holen ein leckeres Eis aus dem bereitgestellten Gefrierschrank, tolle Aktion!

Zurück an Bord muss ich leider feststellen, dass es schweinekalt ist, auch unter Deck! Draußen sind 4 Windstärken in Böen 5, es ist bedeckt und nur 12 °C. Aber kein Problem, wir haben ja eine Heizung! Ich eile unter Deck und betätige den Schalter. Ich mache es kurz: Unsere Gasheizung lässt uns im Stich, wir bekommen das verdammte Gerät nicht zum laufen. Sie geht nach dem Einschalten immer wieder in den Störmodus. Meine Laune geht proportional zur Anzahl der Startversuche in den Keller. Mit Kälte kann ich ich leider von Haus aus nicht so sonderlich gut umgehen. Es ko... mich auch tierisch an, dass wieder einmal ein Gerät nicht funktioniert! Jetzt wird klar, die Heizung muss raus, wir brauchen eine "Neue".

Es wird kalt an Bord und unter Deck. Ich bekomme kalte Füße und Hände. Nicole zeigt sich da deutlich robuster, was auch schon wieder an meinem Ehrgeiz nagt! Zu allem Überfluss macht Nicole mir sogar noch ein Wärmflasche - kann man tiefer fallen? Insgesamt versuchen wir das Beste daraus zu machen, aber ich bin ehrlich, wir hatten schon gemütlichere Ankerabende!

28.04.2024, Iller Strand - Marina Minde

Die Nacht war kalt aber ganz ok. Wir versuchen erneut die Heizung zum Laufen zu bringen, Fehlanzeige! Ich nehme im Verlauf des Vormittags über einen Onlinemarktplatz Kontakt zu einem Händler für Gasheizungen auf. Mal sehen, wann er sich zurückmeldet.

Gegen Mittag holen wir den Anker hoch und segeln nur mit Fock nach Marina Minde zurück. Direkt vor der Hafeneinfahrt sehen wir einen Schweinswahl, so dass wir unsere Fahrt verlangsamen, um ihn nicht zu stören.

Bevor wir mit dem Auto nach Hause fahren, baue ich noch die Heizung aus. Ich hoffe sehr, dass ich noch in dieser Woche eine Ersatzheizung auftreiben kann!

 


Überführung 2024

06.04.2024, SVE (Elmshorn) - Brunsbüttel Kanalhafen

Dienstag haben wir unser Schiff ins Wasser geslippt und gestern, Freitag, den Mast gesetzt. Vor uns liegt eine Woche Urlaub und zumindest für die nächsten Tage ist recht angenehmes Wetter vorhergesagt. Wir hatten es dieses Jahr nicht wirklich eilig mit dem Slippen, denn das nasskalte Wetter der letzten Wochen bremste unsere sonst unbändige Vorfreude auf den Saisonstart ziemlich aus. Doch nun, wo die ersten Schritte getan sind und sich unverhoffter Weise Chancen auf ein paar schöne Stunden auf unserem Boot bei erträglichen Wetterbedingungen auftun, ist unser Feuer der Leidenschaft entfacht.

Allerdings ist es mehr als ungewiss, ob wir heute überhaupt loskommen, denn es gibt noch unheimlich viel zu tun. Folgende Liste gilt es, wenn möglich bis spätestens zum Einsetzen des Hochwassers um 13:44 Uhr zu erledigen:

      • Rigg (notdürftig) einstellen
      • Impeller wechseln
      • Ölwechsel einschließlich Ölfilter
      • Schiff beladen
      • Frischwassersystem reinigen
      • Wasser tanken
      • Großsegel anschlagen
      • Schoten anschlagen
      • Diesel tanken

 

In dieser Liste sind die sog. "must haves", Impeller wechseln und Ölwechsel sowie Schiff beladen, alles andere geht zur Not auch unterwegs!

Somit mache ich mich als erstes an die Seewasserpumpe - das Schiff liegt noch im Schlick. Als ich den ausgebauten Impeller in der Hand halte, habe ich gleich zu Beginn meiner Arbeiten das Gefühl, dass es sich hier um eine sehr sinnvolle Maßnahme handelt: Von den sechs Flügeln des Impellers sind fünf bis zur halben Höhe eingerissen.

Unser Schiff beginnt mittlerweile aufzuschwimmen und es wird Zeit, den Motor warm laufen zu lassen. Nach dem Start des Motors kontrollieren wir, ob die Seewasserpumpe nach dem Tausch des Impellers funktioniert oder eben auch nicht. Was soll ich sagen? Es kommt einfach kein Wasser aus dem verdammten Auspuff! Es gibt zwei Möglichkeiten: Das Schiff schwimmt noch nicht hoch genug, oder die Pumpe erfüllt nicht ihre bestimmungsgemäße Funktion, z.B. weil sie Luft zieht. Ich hatte aus Zeitgründen nicht auch die Gehäusedichtung mit ausgetauscht. Da wir keine Zeit für weitere Untersuchungen oder Erwägungen haben, mache ich mich direkt an den erneuten Ausbau der Seewasserpumpe. Leider ist die alte Dichtung fest mit der Dichtfläche des Gehäuses verklebt, so dass ich der Dichtung in Ermangelung passender Alternativen und mit größter Vorsicht mit einem Messer zu Leibe rücken muss. Ich spüre, wie in mir der adrenalininduzierte Puls hochsteigt! Eigentlich ist das bereits verharmlost dargestellt, denn, um ehrlich zu sein, verhallten bereits die ersten unangemessenen und nicht jugendfreien Kraftausdrücke in der dumpfen Akustik des Motorraums. Es war sogar soweit, dass ich wutgetrieben, erste Zweifel bezüglich unserer Absicht, in gut einer Stunde ablegen zu können, äußerte.

Nachdem ich die Seewasserpumpe wieder eingebaut habe, starten wir sogleich den Motor, damit ich das warmgelaufene Öl abpumpen kann. Schließlich bleibt nicht mehr viel Zeit für den Tausch des Ölfilters und das Einfüllen des neuen Öls. Die ganzen Utensilien müssen dann auch noch von Bord, um eine Riesensauerei an Bord zu vermeiden.

Am Ende sind wir gerade noch rechtzeitig soweit, dass wir ablegen können. Um 14:12 legen wir den Rückwärtsgang ein und verlassen alsdann unseren Heimathafen. Die Ungewissheit, ob wir loskommen, geschweige denn wohin es gehen soll, blieb bis zuletzt. Zunächst sind wir unglaublich erleichtert, dass wir überhaupt noch losgekommen sind. Wir genießen die erste Fahrt auf der Krückau ungemein. Wohin es geht, ist erstmal gar nicht so wichtig. Hinter dem Krückausperrwerk biegen wir erst einmal rechts ab und im Grunde werden Nicole und ich uns erst jetzt einig, dass wir den "Sprung" in den Nord-Ostsee-Kanal wagen wollen.

Vor der Schleuse warten wir ca. eine Stunde. Mit sechs weiteren Segelbooten laufen wir in die Schleuse in Brunsbüttel ein. Um viertel vor sieben abends verlassen wir die Schleuse und steuern den Kanalhafen an. Alle anderen Freizeitskipper haben die gleiche Absicht. Merkwürdigerweise wollen alle als erste in den Hafen einlaufen, wieso?

Als wir als Vorletzte durch die Hafeneinfahrt kommen, kann ich schon wieder nicht glauben, was ich dort sehe! An dem Haupt-Steg, der direkt am Kanalufer verläuft, haben die Crews zweier Yachten ihre Boote dermaßen platzverschwenderisch festgemacht, dass ich nicht anders konnte, als diese Situation zu klären. Ich frage höflich, ob sie ihre Boote etwas verholen können, damit wir dort noch dazwischen passen würden. Als Antwort kam: "Wir lagen hier aber zuerst!" Auf diese  unseemännischen Unverfrorenheit war ich entgegne ich mit offensichtlicher Unmissverständlichkeit, dass es hier und jetzt nicht darum ginge und sie bitte höflichst ihr Schiff verholen mögen. Glücklicherweise kam nun rasch Bewegung in die Sache und wir konnten uns zwischen die beiden Segelyachten legen. Natürlich haben wir uns im Anschluss in angemessener Weise für die Mühe bedankt, was mit einer gewissen Anerkennung erwidert wurde.

Nun, da wir fest sind und alle Anspannung von uns fällt, ergreift uns ein Gefühl der Glückseligkeit: Der Start in die Segelsaison 2024 ist vollbracht! Darauf gilt es mit einem kühlen Bier bzw. einem Glas Wein anzustoßen. Genau in diesem Moment bekommen wir Überraschungsbesuch, der offensichtlich unseren Status im Messangerdienst verfolgt hatte. Es ist eine willkommen Abwechslung und wir schaffen ausreichend Getränke aus der Bilge herbei. Es wird ein ausgelassener Abend, im Zuge dessen wir im "Torhaus", direkt gegenüber unseres Liegeplatzes einkehren.

07.04.2024, Brunsbüttel Kanalhafen - Olympiahafen Schilksee

Um kurz vor acht Uhr starten wir bei leichtem Regen den Motor und Nicole legt "einhändisch" ab, während ich noch unter Deck zu tun habe. Die Bedingungen sind recht ordentlich: Wir haben achterlichen Wind, teilweise mit bis zu 7 Beaufort. Das ergibt in Summe eine ordentliche Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 6,8 Knoten, so dass wir gegen 15:54 in die geöffnete Schleuse, ohne Wartezeit, in Kiel Holtenau fahren. Die Kanalfahrt war schön und bis auf einen Vorfall, recht unspektakulär: Als recht außergewöhnlich und im Grunde auch unästhetisch würde ich die Tatsache beschreiben, dass eine männliche Person seiner nudistischen Neigung beim Spazierengehen im Adamskostüm entlang des Kanals nachkommen muss!

Als wir gegen 16 Uhr aus der Schleuse auf die Kieler Förde fahren, haben wir dieses verstörende Ereignis bereits mental vollständig aufge- und verarbeitet, so dass wir uns ganz den wunderbaren Eindrücken des hiesigen Segelrevieres hingeben können. Wir haben uns entschlossen, noch bis Schilksee durchzuhalten.

Der Hafen ist noch ziemlich leer. Viele Liegeplätze sind noch durch rot/weiß gestreiftes Flatterband gesperrt. Die Stromkästen sind noch nicht vollständig verdrahtet, so dass wir heute ohne Strom auskommen werden.

08. - 11.04.2024, Olympiahafen Schilksee - Sønderborg Lystbådehavn

In Anbetracht der Wettervorhersage für die nächsten Tage, entschließen wir uns, heute bis Sønderborg zu fahren. Von einem Abstecher in die dänische Südsee nehmen wir aufgrund der angesagten Starkwindphase Abstand.

Auch der Sportboothafen von Sønderborg war von der Sturmflut Ende Oktober 2023 betroffen. Hier gab und gibt es viel zu tun. Es ist aber auch schon viel geschafft, so z.B. der große Grillplatz, der im Rahmen eines freiwilligen Arbeitseinsatzes von dänischen und deutschen Festliegern wieder aufgebaut wurde. Ein wirklich lobenswertes Engagement!

Wir legen hier in Sonderburg einige Hafentage ein und vertreiben uns die Zeit mit Spaziergängen in die Stadt, mit sportlichen Aktivitäten und einigen unerledigten Aufgaben an Bord - die Zeit vergeht schnell. Es sei noch am Rande bemerkt, dass auch hier für die Jahreszeit wenige Schiffe im Hafen sind. Wir beobachten, dass nur in Phasen mit weniger Wind gekrant wird. So können wir in der Zeit zwei Boote beobachten, die den Weg in ihr Element finden.

11.04.2024, Sønderborg Lystbådehavn - Langballigau

Heute Nachmittag lässt der Wind etwas nach, so dass wir die Gelegenheit nutzen, nach Langballigau zu verholen. Unser Freund aus Fahrdorf empfängt uns am Hafen, zur Freude unseres Jüngsten, mit "Bolle" an der Leine. Wir essen gemeinsam Pizza und verbringen einen wirklich schönen Abend - danke Björn!

12.04.2024, Langballigau - Marina Minde

Heute Morgen legt der Wind wieder ein kurze Pause ein, allerdings soll es den ganzen Tag regnen. Wir nutzen die Gelegenheit und legen bei knappen 3 Beaufort nur mit Fock ab. Die Sonne versucht sich durch die ansonsten geschlossene Wolkendecke zu kämpfen - leider gewinnt dann aber später der Regen! Wir laufen gegen halb zehn in Marina Minde ein. Das für heute angesagt regnerische Wetter nutzen wir, um irgendwie nach Elmshorn zu kommen, damit wir morgen wieder mit dem Auto hierher nach Marina Minde zurückkommen können.

Von Marina Minde mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Elmshorn zu kommen ist bekanntermaßen eine große Herausforderung. Laut Google Maps 5,5 Stunden. Hmmm, wir überlegen, was wir tun können. Zunächst machen wir uns mit leichtem Gepäck zu Fuß auf Richtung Egernsund. An der Bushaltestelle kurz vor der Egernsundbrücke keimt die Erkenntnis, dass wir zu Alternativen greifen müssen!  Nachdem wir fast 3,5 km zu Fuß und bei Wind und Regen zurückgelegt hatten, entscheiden wir uns dafür mit dem Taxi nach Flensburg zu fahren. Durch eine glückliche Verkettung von Zufällen bestreiten wir den ersten Teil der Reise mit der Deutschen Bahn ohne nennenswerte  Vorkommnisse bis Neumünster. Ein direkte Verbindung von Flensburg nach Hamburg gibt es leider nicht. Auch der zweite Teil der Reise, von Neumünster bis Elmshorn bleibt unspektakulär. Einziger Wehrmutstropfen: Wir müssen die ganze Zeit dichtgedrängt auf der Treppe stehen.

In Summe haben wir nach nun knapp einer Woche das Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Wir freuen uns auf viele schöne Momente auf unserem Schiff.





Etappenweise zum aufgeriggten Schiff

02.04.2024, SVE Elmshorn

Manchmal ergeben sich Dinge sehr spontan, so wie am heutigen Dienstag, ein normaler Arbeitstag - Ostern liegt hinter uns. Am späten Nachmittag gibt es per Messenger ein kurzen Nachrichtenaustausch mit einem Vereinskameraden. Ergebnis: Wir schließen uns ihm heute Abend spontan an und bringen unser Schiff zu Wasser. Richtig planbar ist in unserem Verein der Sliptermin nicht wirklich, da dieser nicht nur von der Abfolge beim Runterslippen aus der Halle abhängt, sondern z. B. auch von den Hochwasserzeiten oder der Windrichtung (bei Ostwind läuft zu wenig Wasser auf).

Für solche kurzfristigen Aktionen bedarf es jedenfalls ein Mindestmaß an Adrenalin im Körper, denn die Zeit sitzt uns heute im Nacken. Das heutige Hochwasser ist für 21:44 Uhr in Elmshorn vorhergesagt, bedeutet, dass beide Schiffe gut zwei Stunden vorher fertig zum Slippen auf der Schiene stehen müssen. Dank Radarwarner, den ich von meiner Frau zu Ostern bekommen habe, spare ich ein wenig Zeit auf der Fahrt zum SVE - das ergibt gefühlt einen ordentlichen, in Wahrheit aber nur einen marginalen Zeitvorteil.

Aus "mal eben" slippen wird ein echtes Zeitrennen, denn es gibt dann doch noch erstaunlich viel zu tun! Ich wuchte unsere schweren und äußerst unhandlichen Matratzen vom Dachboden ins Auto, dass vorher natürlich noch leer geräumt werden musste. Im Hafen angekommen, kann ich glücklicherweise mit dem Auto in die Halle fahren und direkt neben unserem Schiff halten - das spart Zeit. Mit dem Ziel, rechtzeitig fertig zu werden, schaffe ich es mit einer gewissen Leichtigkeit, die beiden forminstabilen Monster, geschultert, über die steile Leiter in die Vorpiek zu bringen. Auf  dem Rückweg nach unten nehme ich gleich die schwere Absaugung mit nach unten. Schließlich mache ich mich ans Aufräumen unterhalb des Schiffes: Leitern wegräumen, Vorbereiten der Laufräder in Längsrichtung usw. usw. Schließlich hole ich zwei Winschen, um unseren Slipwagen mitsamt Schiff schrittweise abzubocken und auf die Schienenräder zu setzen. Mit diesen werden wir später unser Schiff in Querrichtung auf die Schienenschieben. Gerade als ich mit den groben Vorbereitungsmaßnahmen fertig bin, kommen Nicole und unser Vereinskamerad mit seiner Frau, die schon mit ihrem Schiff auf der Schiene stehen. Mit vereinten Kräften schieben wir ihr Schiff aus der Halle. Es ist noch ein wenig Zeit, bis es mit dem Slippen losgehen kann, so dass wir unser Schiff quer auf die Schiene versetzen und auch schon zum Hallentor schieben können. Nun ist eigentlich das Schlimmste schon erledigt, denn das Abslippen ist ein ruhiger Prozess bei dem es nur einen einzigen spannenden Moment gibt: Es ist der Augenblick, bei dem man den Motorschlüssel beim Aufschwimmen des Schiffes, mit leicht erhöhter Pulsfrequenz Richtung "Start" dreht. Für den günstigen Fall, dass der Motor startet, bleibt dann noch die Ungewissheit, ob auch Kühlwasser aus dem Auspuff kommt. Es vergeht jedes Mal eine gefühlte Ewigkeit, bis die Seewasserpumpe es geschafft hat, das Wasser anzusaugen und durch den Auspuff zu drücken. Sollte das der Fall sein, kann nicht mehr viel schief gehen!

Bei beiden Schiffen ist das der Fall und wir können sie auf unsere Plätze bringen. Zum Abschluss des heutigen Tages bringen wir noch unsere Slippwagen auf den dafür vorgesehen Platz.

Das war nun der erste Schritt bis hin zu einem segelfertigen Schiff. Der nächste wird das Setzen des Mastes sein. Auch das ist nur grob planbar, denn auch hierfür brauchen wir genügend Wasser für ein angemessenes Zeitfenster, um mit dem Schiff zum Kran zu fahren, den Mast zu setzen und wieder zum Platz zurück zu kommen.

05.04.2024, SVE Elmshorn

Auch heute ist wieder Spontanität gefragt, denn zur Zeit fällt viel und langanhaltender Regen, so dass wir eine passendes Wetterfenster und eine passende Tide in Einklang bringen müssen. Das ist, wie sich erst im Laufe des Vormittags herausstellt, heute am frühen Nachmittag der Fall. Ich bereite, wie sonst nicht üblich, den Mast im Mastenlager vor: Montieren des Windex, der Messeinheit für Wind, die Antenne usw. Die Kabelstecker umwickle ich immer mit selbstverschweißendem Isolierband, um die Steckerverbindungen gegen eindringendes Regenwasser zu schützen. Das ist wirklich eine lohnende Maßnahme. denn die Stecker sehen nach Jahren immer noch aus wie neu. Bei der Gelegenheit sehe ich, dass der Stecker des Antennenkabels leicht lose ist. Dort sehe ich dringenden Handlungsbedarf und ich setze den Steckerverbindung instand. Die Lötverbindung des Innenleiters hatte sich gelöst, so dass ich noch schnell einen Lötkolben mit Lötzinn hole. Rechtzeitig für den Moment, wo wir unser Schiff zum Mastenkran manövrieren können, liegt der Mast fertig vorbereitet auf zwei Böcken. Mit Hilfe von Vereinskameraden ist der Mast schnell gesetzt und wir fahren zurück auf unseren Platz. Ich beeile mich, noch schnell die ganzen Stecker auf die Buchsen am Mastfuß zu schrauben und auch mit dem selbstverschweißendem Isolierband zum umwickeln. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig vor dem herannahenden Regen und der einsetzenden Dunkelheit fertig zu werden. Das war nun der zweite Schritt bis hin zu einem segelfertigen Schiff. Als nächstes steht das Anschlagen der Segel, Einstellen des Riggs sowie das Beladen des Schiffes an.

Leider hatten sich im Winter offensichtlich wieder Mäuse bei uns im Mast eingenistet. Und das, obwohl wir den Mastfuß mit Klebeband versucht hatten, dicht zu bekommen - unglaublich! Jedenfalls rieseln nun wieder nach und nach vertrocknete Blätter und Reste von Eicheln usw. aufs Deck - ich freue mich!

Gemäß Wettervorhersage soll das Wetter in den nächsten Tagen etwas besser werden. Wir haben nächste Woche Urlaub, mal sehen, wann wir das erste Mal loskommen!